Literaturunterricht

Text „Die Falkennovelle" - Teil 4

Nachdem sie einige Zeit in Tränen und Verbitterung verbracht hatte, wurde sie, reich und jung wie sie war, häufig von ihren Brüdern aufgefordert sich wieder zu vermählen. Obwohl sie selber dies eigentlich nicht wünschte, erinnerte sie sich, wieder und wieder gedrängt, Federigos und seiner letzten großherzigen Tat, dass er ihr zu Ehren seinen kostbaren Falken geopfert hatte. Sie sprach daher zu ihren Brüdern: „Ich möchte, wenn es euch recht wäre, am liebsten nicht wieder heiraten. Wenn ihr jedoch darauf besteht, dass ich mich wieder vermähle, so werde ich sicherlich keinen anderen Mann nehmen als Federigo degli Alberighi." Spöttisch erwiderten die Brüder: „Närrin, was sagst du da? Warum willst du gerade ihn haben, der nichts auf der Welt mehr sein Eigen nennt?" Sie antwortete: „Meine Brüder, ich weiß wohl, dass es so ist, wie ihr sagt, und so ziehe ich denn einen Mann ohne Reichtum dem Reichtum ohne Mann vor!"
Als die Brüder, die Federigo als einen vortrefflichen Mann kannten, ihren festen Entschluss vernahmen, gaben sie ihm, so arm er auch war, die Schwester mit all ihren Reichtümern zur Frau, wie sie es gewünscht hatte. Und Federigo, der diese vortreffliche, heiß geliebte Frau, die noch dazu überaus reich war, zur Gattin bekam, hielt fortan seinen Besitz in sorgsamer Verwaltung und beschloss in Freude und Fröhlichkeit mit Giovanna seine Tage.

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